Mietverträge in Frankreich: Miete, Mindestmietdauer, Kündigung, Untermiete.
Ein Gewerbemietvertrag liegt gem. Art. L. 145-1 ff. Code de Commerce vor, wenn ein Mietobjekt im Rahmen eines kaufmännischen, industriellen oder handwerklichen Zweckes gegen Bezahlung eines Mietzinses an gewerbliche Mieter vermietet wird. Bei Vorliegen eines Gewerbemietvertrages werden in Frankreich die Mieter besonders geschützt. Beispielsweise das Recht auf einseitige Mietverlängerung für alle Mieter; das Recht des Mieters, seinen Gewerbebetrieb und den Mietvertrag jederzeit zu veräussern ohne, dass der Vermieter den Mietvertrag dem Erwerber gegenüber kündigen könnte.
Dies ist abzugrenzen von der alleinigen Übertragung des Mietvertrages ohne Gewerbebetrieb, welche vertraglich ausgeschlossen werden kann, oder der dreijährigen solidarischen Haftung des ehemaligen Mieters für ausstehende Mietzinszahlungen bei Übertragungen des Gewerbebetriebes. Die Staatsangehörigkeit des Mieters ist bei französischen Gewerbemietverträgen hinsichtlich dessen Schutzes nun auch unerheblich.
Voraussetzung eines Gewerbemietvertrages in Frankreich
Es müssen, um von einem französischen Gewerbemietvertrag auszugehen, gemäss Art. L. 145-1-I, alinéa 1er du Code de Commerce kumulativ vier Voraussetzungen vorliegen:
- das Mietobjekt muss behördlich auch als Gewerbemietobjekt gemeldet sein. Andernfalls bedarf es einer Widmungsänderung gem. Art. L.631-7 du Code de la construction et de l’habitation (in diesem Fall bitte auch die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung beachten). Im Rahmen des Widmungszweckes ist es durchaus auch ratsam, als Mieter bei Unterzeichnung eines Gewerbemietvertrages eine sog. „tous commerces“ Klausel zu vereinbaren;
- ferner muss ein Gewerbemietvertrag (sog. „bail commercial“) unterzeichnet werden. Der Gewerbemietcharakter ergibt sich nicht bereits aus der tatsächlichen Nutzung des Mietobjektes ;
- der Mieter muss in der Handels- oder Handwerkskammer eingeschrieben sein. Das hat zur Folge, dass Freiberufler (Anwälte, Ärzte, etc …) oder Vereine keine Gewerbemietverträge schliessen können;
- es muss abschiessend ein sog. „fond de commerce“h. ein eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb in dem Mietobjekt ausgeübt werden.
Gesetzliche Änderungen
Die Umsetzung des sog. „loi PINEL“, welches bereits seit dem 20. Juni 2014 Anwendung findet, hat zu wesentlichen Neuerungen und Verschärfungen geführt (z.B. nun keine frei vereinbare vertragliche Aufteilung der Mietnebenkosten, Steuern und Gebühren mehr möglich; neue detailliertere Aufteilung, welche Reperaturleistungen jeweils vom Vermieter und vom Mieter zu tragen sind; zwingendes Übergabeprotokoll bei Ein- und Auszug erforderlich; keine Mietzinsindexierung an den ICC mehr möglich; 10 % Maximaldeckelung bei Mietzinserhöhung, etc …). Der Mietzins kann grds. alle drei Jahre angepasst werden, wobei seit der Gesetzesänderung nun lediglich die ILC oder ILAT Indexe Anwendung finden.
Zwingende gewerbliche Mindestmietdauer
Ein französischer Gewerbemietvertrag wird auf mindestens 9 Jahre geschlossen mit einer einseitigen Kündigungsmöglichkeit des Mieters nach drei oder sechs Jahren. Aus diesem Grund wird diese Form des Mietvertrages in Frankreich auch gewöhnlich als 3/6/9 bezeichnet. Der Gewerbemietvertrag in Frankreich kann natürlich auch auf längere Zeit geschlossen werden.
Gewerbemietverträge mit gesetzlich längeren oder kürzeren Mietvertragslaufzeiten fallen nicht unter die Regelungen der frz. Gewerbemietverträge (z.B. bail emphytéotique, bail à construction, concession immobilière, baux dérogatoires, contrat de location saisonnière, convention d’occupation précaire, etc …).
Unbefristete Gewerbemietverträge sind unzulässig. Der Mieter kann grundsätzlich alle drei Jahre den Mietvertrag einseitig kündigen. Vertragliche Ausnahmen hiervon sind bei ausschliesslicher Büromiete oder bei länger als neun Jahren laufenden Mindestmietvertragslaufzeiten möglich. Voraussetzung ist jedoch, dass der Mieter eine Kündigungsfrist von mindestens 6 Monaten einhält und das Kündigungsschreiben per Gerichtsvollzieher zugestellt wird. Seit der Umsetzung des loi PINEL kann der Gewerbemietvertrag nun auch per Einschreibebrief mit Rückschein formwirksam gekündigt werden.
Kündigung des gewerblichen Mietvertrages
Wie bereits beschrieben hat der Mieter im Gegensatz zum Vermieter in Frankreich die Möglichkeit, den Mietvertrag grundsätzlich alle drei Jahre einseitig zu kündigen. Ferner hat der Mieter auch ein Recht auf Mietzeitverlängerung nach Ablauf der vertraglichen Mindestmietdauer (d.h. 9 Jahre). Der Eigentümer kann grundsätzlich nur nach Ablauf der vertraglichen Mindestmietdauer die Verlängerung des Mietvertrages verweigern, wenn er im Gegenzug hierfür einen teilweise sehr hohen Schadenersatz leistet (sog. „indemnité d’eviction“).
Eine pauschale Festsetzung dieser Schadenersatzhöhe im Gewerbemietvertrag ist nicht zulässig. Ausnahmen von der Regelung der einseitigen Mietfristverlängerung und Schadenersatzleistung bestehen dann, wenn ein wichtiger Grund vorliegen sollte (z.B. der Zustand des Gebäudes ermöglicht keine Weitervermietung mehr, es sind grössere Arbeiten oder gar der Abriss des Gebäudes geplant). Es besteht auch die Möglichkeit, diese Ausnahmen vertraglich so zu gestalten, dass dem Vermieter ebenfalls ein einseitiges Kündigungsrecht alle drei Jahre bei Vorliegen dieser Ausnahmen eingeräumt wird.
In der Regel sind in den französischen Mietverträgen ebenfalls ausserordentliche vertragliche Kündigungsklauseln vorgesehen (sog. „clause resoultoire“). Hiernach können die Mietvertragsparteien das Mietverhältnis jederzeit einseitig kündigen und Schadenersatz geltend machen, wenn unter Beachtung gewisser Formerfordernisse die jeweils andere Partei wichtige vertragliche Bestimmungen nicht einhalten sollte (z.B. fehlende Zahlung des Mietzinses).
Es ist natürlich jederzeit möglich, dass die Vertragsparteien im gegenseitigen Einverständnis das Mietverhältnis jederzeit und vorzeitig aufheben.
Sollte der Vermieter das Mietobjekt verkaufen wollen hat seit dem 18. Dezember 2014 der Mieter ein Vorkaufsrecht.
Untermietverhältnis
Die Untermiete eines gewerblich genutzten Mietobjektes ist nur mit Zustimmung des Eigentümers möglich. Eine konkludente Genehmigung des Vermieters ist nur unter Umständen ausreichend. Sollte der Mieter ein Untermietverhältnis anstreben, welches vertraglich nicht bereits ausgeschlossen wurde, ist ihm zu empfehlen, den Eigentümer per Gerichtsvollzieher oder eingeschriebenen Brief mit Rückschein von der geplanten Untervermietung zu unterrichten und ihm eine Frist zu gewähren, innerhalb der er die Untermiete genehmigen oder ablehnen kann.
Mietzins und Mietkaution
In der Regel sehen französische Gewerbemietverträge vor, dass der Mietzins, der zumindest bei Vertragsunterzeichnung frei vereinbart wird (bei Verlängerungen von Mietverträgen finden die gesetzlichen Schutzmechanismen Anwendung), monatlich im Voraus zu bezahlen ist und eine Mietkaution in Höhe von 1 bis 3 Monaten hinterlegt werden muss. Auf die geleistete Mietkaution fällt keine MwSt. an. Eine sog. „clause recettes“, bei der der Mietzins von dem Umsatz des Mieters abhängt, ist zu vermeiden. Es kann aber auch vereinbart werden, dass der Mietzins erst am Ende eines jeden Monats fällig wird.
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Eine Information von ALARIS AVOCATS.